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Dienstag, 23 April 2024 11:59

Kolumne: Auf den Punkt gebracht – Sind Halbleiter das Öl des 21. Jahrhunderts? – Künstliche Intelligenz und High-Performance-Computer sind die Booster der Chipentwicklung

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Ein wesentlicher Produktionsbaustein für Hochleistungshalbleiter, die EUV Lithografie Anlage von ASML/Niederlande. Kosten ca. 150 Mio. € Ein wesentlicher Produktionsbaustein für Hochleistungshalbleiter, die EUV Lithografie Anlage von ASML/Niederlande. Kosten ca. 150 Mio. € Bild: ASML

Halbleiter werden praktisch in allen Bereichen unseres Lebens benötigt. Von der Consumer-Elektronik über die Automobilelektronik, die Medizintechnik bis zur Wehrtechnik gibt es praktisch keinen Lebensbereich, in dem Halbleiter nicht Teil des ‚elektronischen Gehirns' sind. Dass dieser Markt voraussichtlich im Jahr 2030 ein Volumen von 1 Billion $ = 1.000 Mrd hat, verdeutlicht die Dimension (Abb. 1).

Abb. 1: Prognose Halbleitermarkt weltweit 2019 bis 2030 (Daten: WSTS/TMRC)Abb. 1: Prognose Halbleitermarkt weltweit 2019 bis 2030 (Daten: WSTS/TMRC)

Der Bedarf an Halbleitern wird sich von heute 526 Mrd. $ bis zum Ende der Dekade quasi verdoppeln. Niemand weiß heute, welchen Anteil Künstliche Intelligenz (KI) haben wird, aber Fakt ist, KI ist ein Beschleuniger für den Hochleistungschipbedarf.

Gamechanger KI

Der erwartete Anteil von 40 % HPC (High-Performance-Computer), ist ähnlich groß wie Mobile und IOT (Internet of Things) zusammen (Abb. 2) Dieses wurde vor wenigen Jahren noch nicht für möglich gehalten. Der Start von Chat GPT vor nicht einmal zwei Jahren war der Game Changer. Er wird auch als der ‚iPhone Moment' für die Künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet.

Abb. 2: Halbleitermarkt 2030 Prognose nach Applikation (Daten: TSMC/IEEE)Abb. 2: Halbleitermarkt 2030 Prognose nach Applikation (Daten: TSMC/IEEE)

Der Siegeszug der Foundries

Durch das Ausgliedern der sehr komplexen Halbleiter-Technologieentwicklung und die Waferproduktion aus dem IDM-Modell konnten sich die neu entstandenen Foundries auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Dies führte zu einer erheblichen Beschleunigung der Chipentwicklung. Die derzeitige technologische Spitzenstellung von TSMC als weltgrößte Foundry vor dem langjährigen IDM-Spitzenreiter INTEL lässt sich damit erklären.

Neben den Foundries, sind weitere neue Geschäftsmodelle wie die sogenannten Fabless-Chiphersteller und die Systemhäuser entstanden.

Dominierten noch im Jahr 1990 die ‚integrated device manufacturers' (IDM) wie Intel mit 75 % Anteil am weltweiten Chipumsatz ohne Memories, so ist deren Anteil bis 2010 auf 55 % zurückgegangen (Abb. 3). Nach einer Prognose von TSMC und der IEEE wird im Jahr 2030 der Umsatzanteil der IDMs nur noch 30 % betragen. Demgegenüber haben die Fabless Hersteller wie Nvidia, AMD oder Qualcom mit dem Aufstieg der Foundries ihren Siegeszug begonnen. Nach 2 % Umsatzanteil im Jahr 1990 waren es bereits 23% Fabless Hersteller im Jahr 2010. Laut Prognose soll dies im Jahr 2030 auf 40 % Anteil am weltweiten Chipumsatz steigen, plus 10 % Umsatzanteil durch Systemhäuser.

Abb. 3: Foundries schaffen Wachstum für Fabless und Systemhäuser (Daten: TRMC)Abb. 3: Foundries schaffen Wachstum für Fabless und Systemhäuser (Daten: TRMC)

Autos zukünftig softwareorientiert oder siliziumdefiniert?

Die Zukunft der Automobilbranche wird je nach Perspektive unterschiedlich definiert. Die einen sehen das Automobil der Zukunft als fahrbaren Computer, der softwareorientiert ist.

Bosch hat eine neue IT-Plattform entwickelt, die als ADAS-Integrationsplattform die Zentralisierung und Verarbeitung aller Daten übernimmt (Abb. 4). Durch den modularen Aufbau dieses kleinen Supercomputers werden nicht nur Kosten gespart, es ergibt sich auch eine hohe Flexibilität für unterschiedliche Marken und Fahrzeugtypen. Dabei gibt es bereits Überlegungen, aufgrund der hohen Integrationsmöglichkeiten der Zentralelektronik, Fahrzeuge ab Werk, hardware- und softwarseitig voll auszustatten und bestimmte Funktionen ‚over the air' freizuschalten. So können sich Hersteller neue Einnahmequellen über Nutzungsgebühren schaffen.

Ganz anders sehen es die Halbleiterhersteller, die die automobilen Rechner als siliziumdefinierte Technologie ansehen, denn ohne die notwendigen Halbleiter ist teil-autonomes oder autonomes Fahren nicht möglich.

Abb.4: Die Zukunft des teil-/autonomen Automobils mit umfangreicher Sensorik ausgewertet in einem ZentralrechnerAbb.4: Die Zukunft des teil-/autonomen Automobils mit umfangreicher Sensorik ausgewertet in einem Zentralrechner

Die Prozessentwicklung am Beispiel TMRC

Technologisch gab es mehrere Sprünge in der Chiparchitektur. Bis etwa 2014 wurde die Planar-Produktionsmethode für 22 nm-Strukturen eingesetzt. Vom Jahr 2014 bis 2024 folgte die FinFET-Architektur bis Strukturen von 3 nm. Diese soll ab 2024 von der Nanosheet-Architektur abgelöst werden, die derzeit Strukturen bis 2 nm abbildet.

Neben der Chiparchitektur spielt die Lithografietechnologie eine wesentliche Rolle. Vom Jahr 2010 bis 2019 dominierte die Immersion-Lithographie, bei der die Ultraviolettstrahlung durch ein Linsensystem über einen dünnen Flüssigkeitsfilm auf den mit Fotolack beschichteten Wafer trifft. Dazu entwickelte man die Belichtungsstrukturierung von Single Pattering für 28 nm-Knoten über Double Patering mit 22 nm Knoten und Self Aligned Double Pattering für 7 nm-Knoten weiter. Ein wesentlicher Sprung begann vor fünf Jahren mit dem Einsatz der EUV-Lithografie. Das Extrem Ultra Violet-Lithografiverfahren verwendet elektromagnetische Wellen mit einer Wellenlänge von 13,5 nm (siehe Artikelbild oben).

Abb. 5: Die Prozess Entwicklung am Beispiel TMRCAbb. 5: Die Prozess Entwicklung am Beispiel TMRC

Wie geht es weiter?

Einer der wesentlichen Treiber der Chipentwicklung ist die Energieeffizienz. Diese hat sich vom N28-Knoten im Jahr 2011 zum N3-Knoten in diesem Jahr um den Faktor >80 verbessert. Damit wurde auch eine entscheidende Voraussetzung für KI-Applikationen geschaffen, denn der Stromverbrauch durch das Data-Mining kumuliert sich.

Der Stromverbrauch von Rechenzentren wurde 2020 auf 200 TWh geschätzt, entsprechend 1 % vom weltweiten Stromverbrauch. Dieser soll auch durch KI bis 2030 auf 3 % steigen. Der Stromverbrauch von High Performance-Computern (HPC) ist also nicht zu vernachlässigen.

Ab 2025 sollen mit der Nanosheet-Transistor-Architektur 2 nm Knoten produziert werden. Danach soll die CFET-Architektur für 1 nm Strukturen eingesetzt werden. CFET ist die Abkürzung für ‚complementary field-effect transistor'. Dabei handelt es sich um gefaltete N&P-MOS-Transistoren, die den Platzbedarf weiter reduzieren sollen.

Packaging Technlogie für HPC und KI

Advanced Packaging ist zum heiligen Gral der Halbleiter Branche geworden. Nach Flip Chip (FC) kam System on Chip (SoC) und nun Chip-on-Wafer-on-Substrate (CoWoS). Dabei geht der Zukunfts-Trend zum monolithischen Block durch 3D Stacking beim System on Integrated Circuit (SoIC). Nur so lassen sich die Signalgeschwindigkeiten weiter erhöhen und der Energieverbrauch senken.

Auf den Punkt gebracht

  • Der Halbleitermarkt, getrieben von HPC und AI, wird von 526 Mrd $ im Jahr 2023 auf 1.000 Mrd. = 1 Bill. $ bis 2030 steigen
  • Dabei wird 2030 nach einer Prognose von Foundry-Weltmarktführer TMRC HPC einen Anteil von 40 % haben, Mobile 30 % und Automotive 15 %. IoT soll dagegen wieder früheren Erwartungen nur 10 % Anteil haben
  • Durch das Ausgliedern der Chip-Prozess-Entwicklung und der Waferproduktion zum Geschäftsmodell Foundry haben die IDMs wie Intel massiv an Bedeutung verloren. Übernommen wurden diese Marktanteile durch Fabless-Hersteller und Systemhäuser
  • Neue Chipprozesse wie Nanosheet-Transistor-Architektur für 2 nm-Knoten und CFET-Architektur für 1 nm-Strukturen stehen vor der Einführung

Die Bedeutung von Halbleitern für die globale Wirtschaftsleistung (BIP) wird durch folgende Daten deutlich: Im Jahr 2030 sollen Foundries einen weltweiten Anteil am BIP von 250 Mrd. $ betragen, die Halbleiterindustrie 1 Bill. $ = 1.000 Mrd. $ und die Elektronikindustrie von 3 Bill. $. Die IT-Branche inkl. KI leistet eine Bruttowertschöpfung von 11 Bill. $.

Die Halbleiter- und Packaging-Technologien bewegen sich rasend schnell weiter, und damit auch Anwendungen für zukünftige Märkte. Japan und auch Südkorea haben das erkannt und versuchen hier mit immensen Anstrengungen mitzuhalten, während die USA versucht, Intel wieder zum Technologieführer zu machen.

Ich wünsche Ihnen eine produktive Frühlingszeit.

Hans-Joachim FriedrichkeitMit herzlichen Grüßen
Ihr
Hans-Joachim Friedrichkeit

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  • Ausgabe: 4
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Hans-Joachim Friedrichkeit

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