Nachhaltigkeit durch tribologische Schichten

Nachhaltigkeit durch tribologische Schichten

Um über tribologische Schichten zu sprechen kamen erstmals nach der Pandemie vom 17.-18. Mai 2022 rund 40 Teilnehmer im Achat Hotel Karlsruhe City zusammen. Organisator war die Europäische Forschungsgesellschaft Dünne Schichten e.V.

Tribologie befasst sich mit der wissenschaftlichen Beschreibung von Reibung, Verschleiß und Schmierung von zueinander in Relativbewegung befindlichen beschichteten oder unbeschichteten Oberflächen. Die Auswirkungen tribologischer Eigenschaften auf technisch nutzbare Systeme und die Möglichkeiten zu ihrer Optimierung sind wesentliche Fragestellungen dieses Arbeitsgebietes. Die Tribologie ist eine Thematik von stark zunehmender volkswirtschaftlicher Bedeutung und gewinnt in Kombination mit den Themen Nachhaltigkeit und endlicher Ressourcen immer mehr an Gewicht. Eine längere Haltbarkeit und Funktionsfähigkeit von Anlagen durch optimalen Verschleißschutz der Komponenten ermöglicht eine Lebensdauerverlängerung der Systeme und damit eine Verringerung der Bedarfe für die Herstellung der notwendigen Materialien, Energie und Arbeitsleistung. Die infolge geringeren Verschleißes erhöhte Produktlebensdauer ermöglicht auch eine Steigerung der Ressourceneffizienz und leistet dadurch einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsziele. Der Workshop gab einen Überblick über aktuelle und geplante Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Tribologie im Kontext mit der Nachhaltigkeit. Nachfolgend werden einige Vorträge kurz vorgestellt. Interessenten an einzelnen Beiträgen wenden sich bitte an die EFDS (www.efds.org) oder direkt an die Vortragenden.

Die Pausen boten Raum für Kontakte und Gespräche (Foto: Su)Die Pausen boten Raum für Kontakte und Gespräche (Foto: Su)Das Vortragsprogramm begann Dr. Matthias Woydt, Matrilub Berlin, mit der „Bedeutung der Tribologie für Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ und unterlegte dieses Statement mit Beispielen und Zahlen. Durch Reibungsreduzierung und Langlebigkeit können in der Nutzungsphase Treibhausgasemissionen gemindert werden. Dazu tragen Tribologie und Schmierung bei, beides technologiebasierte Ansätze zur Reduktion von Kohlendioxid bzw. Treibhausgasen. Die Reibungsminderung wird auf diese Weise zu einem strategischen Planungsinstrument für Produkte und sollte zukünftig im Emissionshandel und bei der Zuteilung von CO2-Zertifikaten berücksichtigt werden.

„Tetraedrisch amorphe Kohlenstoffschichten und ihre vielfältigen tribologischen Eigenschaften“ – Dr. Stefan Makowski, Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik, Dresden, informierte in seinem Beitrag über die Eigenschaften und den Einsatz von ta-C Schichten für tribologische Anwendungen. Diese Schichten weisen eine geringe Reibung und einen herabgesetzten Verschleiß auf, wobei die Reibung stark von den Umgebungsbedingungen (Wasser, Luftfeuchte, Vakuum) abhängt. Für optimales tribologisches Verhalten reicht oft eine einseitige Beschichtung aus. Neue Konzepte beinhalten auch die Nachhaltigkeit und Umweltschutz fördernde Pflanzenölschmierung sowie die in Entwicklung befindliche Supraschmierung, die zu extrem niedrigen Reibwerten und damit hoher Energieeinsparung führen kann.

Im Beitrag „Anwendungsnahe Bewertung effizienzsteigernder Kohlenstoffschichten auf Kompressionsringen mittels Realhubtribometer“ konnte Björn Michelberger, Steinbeis Transferzentrum WKKS GmbH, Friedrichshafen, zeigen, dass eine gute Übertragbarkeit der Messwerte zur Festkörperreibung vom Realhubtribometer auf einen Einzylinder-Prüfstand möglich ist. Nachgewiesen wurde dieser Effekt an der Reduktion von Reibung und Verschleiß durch eine a-C-Beschichtung. Es konnte zugleich gezeigt werden, dass Topografie und Kontur entscheidend zu den fluiddynamischen Wechselwirkungen beitragen.

„High-performing solid lubricant films based on 2D materials – Sustainability and resource efficiency do matter in the 21st century“ – Univ.-Prof. Dr.-Ing. Carsten Gachot, TU Wien, stellte in seinem Beitrag eine interessante neue Gruppe von Trockenschmierstoffen vor. Einige der so genannten „MAX-Phasen“ (MXene, 2D Metall-Karbide, Karbonitride oder Nitride der Übergangselemente) zeigen außerordentliche Verschleißbeständigkeit und eignen sich zur Supraschmierung. Ihre große strukturelle und chemische Bandbreite ermöglicht ein maßgeschneidertes Schicht-/Grenzflächen-Design zur Optimierung der tribologischen Eigenschaften.

Get Together im Badisch Brauhaus (Foto: EFDS)Get Together im Badisch Brauhaus (Foto: EFDS)„Nutzung von sensorischen Triboschichten in mischreibungsbeanspruchten Wälzkontakten“ – Stephan Emmrich, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, erläuterte einleitend die Problematik der Mischreibbeanspruchung anhand von Zahnrädern. Parameter wie Druck, Temperatur und Schmierspalthöhe sind entscheidend für die sichere und effiziente Auslegung von Maschinenelementen. Zahlreiche Tribo-Systeme durchlaufen zudem ständig das Mischreibungsgebiet, was exakte Messungen erschwert. Emmrich stellte verschiedene sensorische Dünnschichtsysteme zur Messung von Temperatur (Thermoresistiver Effekt), Druck (Leiterquerschnitt, Piezoresistiver Effekt) und Schmierspalthöhe (Kapazitive Abstandsmessung) vor. Dazu eingesetzte Sensormaterialien sind unter anderem Chrom, Platin, Titan oder Nickel/Chrom. Geplant ist eine Erweiterung des bestehenden Temperatursensors zur simultanen Messung von Temperatur, Druck und Schmierspalthöhe und der Nachweis der Funktionsfähigkeit dieses Sensorsystems für Zahnflanken- und Wälzkörper/Laufbahn-Kontakt. Durch Zustandsüberwachung im laufenden Betrieb soll eine Verlängerung von Wartungsintervallen und eine Reduzierung von Maschinenausfallzeiten zu höherer Nachhaltigkeit führen.

Dr. Serge Kursawe, Schaeffler Technologies AG & Co. KG, Herzogenaurach, konnte in seinem Vortrag „Beschichtungen für Windkraftanwendungen“ zeigen, welchen Beitrag Schichten aus der Schaeffler Coating Toolbox für Bauteile in Windkraftanlagen leisten können. Die Palette reicht von Hauptachslagern (Trinodur C, Durotect B, Sensotect) über das Lagergehäuse (Durotect B) und den Generator (Insultect A) bis zur Schaufelteilung (Corrotect H, HP). Der Vortragende diskutierte die Wirkung der einzelnen Beschichtungen anhand von Beispielen.

„Aspekte der Nachhaltigkeit bei tribologischen Schichten – von der Abscheidung bis zur Anwendung“ – Dr. Bernhard Blug, Fraunhofer – Institut für Werkstoffmechanik IWM Freiburg, demonstrierte in seinem Vortrag, dass eine verbesserte Anlagentechnik die Abscheidung sehr dünner, dichter Schichten ermöglicht. Durch Strukturierung sind zusätzlich niedrigere Reibwerte und teilweise erheblich höhere Lebensdauern erzielbar. Daraus resultiert in verschiedenen Anwendungsbereichen ein hohes Energieeinsparungspotenzial. Reibarme Schichten in der Bodenbearbeitung können z. B. den Ausstoß extrem hoher CO2Mengen deutlich verringern. Wasserstoff-Barriereschichten in Kombination mit tribologischen Schichten ermöglichen einen für die Energiewende wichtigen sicheren Betrieb der Wasserstoffwirtschaft. Ein hohes Einsparpotenzial wird auch von alternativen Schmierstoffen erwartet, durch ultraniedrige Reibung bis hin zur Supraschmierung.

Der Workshop wurde abgeschlossen durch die Vorstellung des GfT-Arbeitskreises Junge Tribologen. Frau Jennifer Eickworth, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IWM und Referentin der Forschungsplattform TriboInnovation sowie derzeitige Leiterin des Arbeitskreises Junge Tribologen der Gesellschaft für Tribologie e.V. informierte über Ziele, Organisation und Veranstaltungen des AK. Seine Mitglieder möchten der jüngeren Generation eine Plattform für den Erfahrungs- und Wissensaustausch auf dem Gebiet der Tribologie in einer entspannten, freundschaftlichen Atmosphäre bieten.

 

 

 

  • Ausgabe: September
  • Jahr: 2022
  • Autoren: Richard Suchentrunk
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