Im Gegenteil! - Die bleibenden Geheimnisse

Im Gegenteil! - Die bleibenden Geheimnisse
  • Titelbild: Glübirne - Pixabay.com/geralt

Ich will mit Hilfe von Beispielen demonstrieren, dass erstens Wissenschaft die Welt nicht aufklärt, sondern sie – im Gegenteil – romantisiert, dass zweitens Wissenschaft keine Geheimnisse lüftet, sondern sie – im Gegenteil – vertieft, und dass drittens faktisches Wissen nicht ausreicht, um etwas zu verstehen, sondern es dazu nötig ist, sich ein Problem einzubilden, um mit ihm gedanklich spielen zu können. Wissenschaft muss quasi als Kunst betrieben werden. Das Beispiel handelt vom Licht, von dem man wissen möchte, was es denn ist.

Vom Licht meinte man im 19. Jahrhundert, dass es sich dabei um elektromagnetische Wellen handelt, wobei die physikalischen Vorgänge mehr als rätselhaft bleiben, auch wenn sie genau berechenbar sind. Wer wüsste denn zu sagen, wie ein elektrisches Feld durch seine Bewegung ein Magnetfeld generiert, das zunächst gar nicht vorhanden ist? 1905 fiel dann Albert Einstein auf, dass die Wirkung von Licht auf Elektrizität – der fotoelektrische Effekt – zur Erklärung eine andere Vorstellung von Licht erforderte als die einer Welle. Es musste auch Teilchencharakter zeigen, und auch wenn Einstein dafür den Nobelpreis bekommen hat – am Ende seines Lebens hat er gesagt, dass ihm fünfzig Jahre des Nachdenkens keine Antwort auf die Frage gegeben hätten, wie man sich ein (masseloses) Lichtteilchen (genannt Photon) mit seinem Spin und seiner Energie vorzustellen habe. Mit anderen Worten, Licht ist ein Geheimnis geworden, und auf diese Weise hat Einstein etwas Gewöhnliches in etwas Mysteriöses verwandelt und die Welt damit romantisiert. Zudem kann kein Wissen (Information) über das Licht die dazugehörige Einbildung ersetzen, und was die mythische Dimension angeht, so kann man in der Bibel lesen, „es werde Licht“, und mit diesem Befehl beginnt Gottes Schöpfung, in deren Verlauf sich Menschen das Licht zu eigen gemacht und als Aufklärung zelebriert haben. Im Laufe der Zeit sind zwei Dopplungen von Licht entstanden, einmal die Dualität von Welle und Teilchen und dann die Möglichkeit, es sowohl rational zu verstehen als auch mystisch zu erleben. Der Mythos des Lichts besteht in der Vorstellung, dass die Gegensätze zu überwinden sind und dabei so etwas wie ein mystisches Einheitserlebnis möglich werden kann. Ein ähnliches Beispiel ist das Atom, denn es teilt das Schicksal der Lichtteilchen in dem Sinne, dass man ihm kein Aussehen zuweisen und seine Stabilität nur dank geheimnisvoller Quanten verstehen kann, die über die physikalische Dimension der Wirkung (Energie mal Zeit) verfügen – was sie noch mysteriöser macht!

»Wissenschaft muss als Kunst betrieben werden!«



  • Ausgabe: Juni
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Ernst Peter Fischer
Image

Eugen G. Leuze Verlag GmbH & Co. KG
Karlstraße 4
88348 Bad Saulgau

Tel.: 07581 4801-0
Fax: 07581 4801-10
E-Mail: info@leuze-verlag.de

 

Melden Sie sich jetzt an unserem Newsletter an: