Quantenmagnetometrie für die Industrieanwendung

Quantenmagnetometrie für die Industrieanwendung

Das Fraunhofer IAF entwickelt Quantenmagnetometer auf Basis von Diamant. Diese Nano-Diamantstrukturen besitzen entweder Stickstoff-Fehlstellen-Zentren (NV-Zentren) oder sind mit Alkali-Atomen dotiert, deren optische Eigenschaften magnetfeldabhängig sind. Beide Wege ermöglichen, magnetische Felder mit einer räumlichen Auflösung von wenigen Nanometern bis hin zu einzelnen Elektronen- und Kernspins nachzuweisen. Das funktioniert aufgrund der physikalischen Materialeigenschaften bei Raumtemperatur, was ideal für industrielle Anwendungen ist.

Fraunhofer IAF develops diamond based quantum magnetometers. These nano-diamond structures have either nitrogen vacancy centers (NV centers) or are doped with alkali atoms whose optical properties react correspondent to magnetic field changes. Both methods allow to detect magnetic fields with a spatial resolution of a few nanometers down to single electron or even nuclear spins. This works at room temperature due to the physical material properties, what makes the technology ideal for industrial applications.

Derzeit sind Magnetometer für den industriellen Einsatz nur bedingt geeignet, da ihr Betrieb aufwendig und teilweise nur bei extremer Kühlung möglich ist. Zudem verfügen sie für viele Anwendungen über eine zu geringe räumliche Auflösung oder Sensitivität.

Aus diesem Grund haben sich Fraunhofer-Forschende aus sechs Instituten im Projekt ,Quantenmagnetometrie' (QMag) zusammengeschlossen, um Sensoren zu entwickeln, mit denen winzige Magnetfelder mit einer nie dagewesenen räumlichen Auflösung und Sensitivität bildgebend und bei Raumtemperatur dargestellt werden können. Das Ziel des Fraunhofer-Leitprojektes besteht darin, die Quantenmagnetometrie aus dem universitären Forschungsumfeld in konkrete industrielle Applikationen zu überführen: Bis 2024 realisieren die Projektpartner Quantenmagnetometer für den industriellen Einsatz in der Nanoelektronik, der chemischen Analytik und der Materialprüfung.

QMag wird mit insgesamt 10 Mio. Euro zu gleichen Teilen von der Fraunhofer-Gesellschaft und dem Land Baden-Württemberg gefördert. Die Freiburger Fraunhofer-Institute für Angewandte Festkörperphysik IAF, für Physikalische Messtechnik IPM und für Werkstoffmechanik IWM bilden das Kernteam des Forschungskonsortiums. Drei weitere Fraunhofer-Institute steuern ihre wissenschaftlichen und technologischen Kompetenzen bei: das Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme IMM, Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB ebenso wie das Fraunhofer Centre for Applied Photonics CAP in Glasgow.

Große Fortschritte in der Materialentwicklung

Im Projekt QMag werden zwei Systeme getestet, die auf den gleichen physikalischen Messprinzipien und -methoden beruhen, jedoch unterschiedliche Anwendungen ansteuern: Zum einen entwickeln die Forschenden ein bildgebendes Rastersondenmagnetometer auf Basis von NV-Zentren in Diamant für präziseste Messungen von nanoelektronischen Schaltungen. Zum anderen realisieren sie Messsysteme auf Basis von höchstsensitiven optisch gepumpten Magnetometern (OPMs) für Anwendungen in der Materialprüfung und Prozessanalytik.

„In Bezug auf die Rastersondenmagnetometer konnten wir in der ersten Projekthälfte große Fortschritte in der Entwicklung und Optimierung von Diamantsensorspitzen erzielen“, hält Dr. Ralf Ostendorf, Projektkoordinator von QMag, fest. Dies betrifft sowohl das Wachstum von hochqualitativem Diamant als auch die gezielte Erzeugung und Platzierung von NV-Zentren in den Diamantspitzen. Darüber hinaus haben die Forschenden Mikrolinsen entwickelt sowie magnetische Nanopartikel synthetisiert, die in die Diamantspitzen eingebracht werden, um diese hinsichtlich Genauigkeit und Effizienz weiter zu optimieren.

Mit Diamant und Laser kleinste Magnetfelder messen

Das zweite vom Fraunhofer IAF präsentierte Forschungsprojekt im Bereich der Quantenmagnetometrie zielt auf die Anwendung in der medizinischen Diagnostik: In dem Projekt ‚NV-dotierter CVD-Diamant für ultra-sensitive Laserschwellen-Magnetometrie' (DiLaMag) forscht ein Team an der Entwicklung eines extrem sensiblen Sensors, der beispielsweise die schwachen Magnetfelder der Herz- und Hirnaktivitäten des menschlichen Körpers messen kann. Damit könnten Krankheiten früher detektiert werden.

„Unser Ziel ist es, einen extrem sensiblen Magnetfeldsensor zu entwickeln, der bei Raumtemperatur sowie bei vorhandenen Hintergrundfeldern funktioniert und damit praktikabel in der klinischen Umsetzung ist“, erklärt Dr. Jan Jeske, Projektleiter von DiLaMag.

Auf der diesjährigen Fachmesse Laser World of Photonics gab es erstmals einen Ausstellungsbereich zum Thema Quantentechnologien. In der – analog zum Namen der Fachmesse benannten – World of Quantum (Halle A4) präsentierten die beteiligten Fraunhofer-Institute IAF, IPM und IWM ihr Projekt QMag. Das Gemeinschaftsexponat demonstrierte die Materialprüfung mit OPMs. Zudem stellte das Fraunhofer IAF seine Forschungsarbeiten im Bereich Diamantwachstum sowie NV-dotierter Diamant vor und demonstrierte das grundlegende Prinzip der Messung mit NV-Diamanten.

www.iaf.fraunhofer.dewww.ipm.fraunhofer.de, www.iwm.fraunhofer.de

Quantenmagnetometrie

Die Entwicklung der Quantenmagnetometrie wurde unter anderem deshalb forciert, weil heutige Magnetometer für viele künftige Applikationen über eine zu geringe räumliche Auflösung oder Sensitivität verfügen. Ziel des Fraunhofer-Konsortiums QMag ist daher, Magnetometer weiter zu entwickeln und für Anwendungen zu erproben. Dabei kommen zwei verschiedene, auf Konzepten der Quantentechnologie basierende Magnetometer-Prinzipien zum Einsatz:

Zum einen sollen Stickstoff-Vakanz-Zentren in Diamant genutzt werden, die als kleinste Tastmagneten in einem bildgebenden Rastersondenmagnetometer fungieren. Damit wird ein einzelnes atomares System zu einem hochempfindlichen Sensor, der bereits bei Raumtemperatur betrieben werden kann. Zum anderen kommt ein alternatives Messverfahren zum Einsatz, das die Magnetfeldabhängigkeit der optischen Eigenschaften von Alkali-Atomen (optisch gepumpte Alkali-Magnetometer, OPM) nutzt.

Basierend auf Prototypen solcher Magnetometer sollen anwendungsspezifisch kostengünstige, komplette Messsysteme entwickelt werden. Die beiden Messverfahren sind komplementär hinsichtlich höchster Ortsauflösung und extremer Empfindlichkeit, so dass im Ergebnis unterschiedliche neue Anwendungen erschlossen werden können. Mit solchen neuartigen Quantenmagnetometern ließen sich beispielsweise mikro- und nanoelektronische Bauelemente zerstörungsfrei prüfen und optimieren. Sogar einzelne Bits in Speichermedien könnten visualisiert werden. Außerdem sollen die Prozess-Kernspinresonanz zur chemischen Prozessanalyse als auch die Streumagnetfeldmessung zur kontaktfreien Materialprüfung erprobt und etabliert werden.

 

Fraunhofer-Leitprojekt QMag

Die Fraunhofer-Gesellschaft stellt sich aktuellen Herausforderungen für die deutsche Industrie und setzt dabei mit Leitprojekten strategische Schwerpunkte, um konkrete Lösungen zum Nutzen für den Standort zu generieren. Die Leitprojekte haben deshalb das Ziel, wissenschaftlich originäre Ideen schnell in marktfähige Produkte umzusetzen. Die beteiligten Fraunhofer-Institute bündeln ihre Kompetenzen und binden die Industriepartner frühzeitig in die Projekte ein.

Am Leitprojekt QMag sind die Fraunhofer-Institute IAF, IPM und IWM beteiligt. Ziel dieses Projekts ist die im Artikel beschriebene Entwicklung zweier komplementärer Quantenmagnetometer, um kleinste Magnetfelder mit hoher Auflösung und hoher Empfindlichkeit bei Raumtemperatur zu messen. Das Budget des auf 5 Jahre Laufzeit angelegten Leitprojekts – es geht noch bis März 2024 – beträgt 10 Mio. €. Finanziert wird diese Summe zu gleichen Teilen von der FhG und dem Land Baden-Württemberg.

  • Ausgabe: Juni
  • Jahr: 2022
  • Autoren: Volker Tisken
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