Vier fragen an ... Prof. Dr.-Ing. habil. Nasser Kanani

Prof. Dr.-Ing. habil. Nasser Kanani (Foto: Robert Piterek)

Prof. Dr.-Ing. habil. Nasser Kanani Ehemaliger Professor für Oberflächentechnik an der TU Berlin, Buchautor und Branchenkoryphäe, Interview: Robert Piterek

Prof. Kanani, Sie sponsern den Nasser-Kanani-Preis über 3000 Euro für Fortschritte in der elektrochemischen Oberflächentechnik. Warum haben Sie diesen Preis ins Leben gerufen?

Ich bin vor vielen Jahren hierhergekommen, um zu studieren. Damals wusste ich nicht, dass Deutschland einmal meine Wahlheimat wird. Ich habe dem Land viel zu verdanken. Mir war es vergönnt, von dem Wissens- und Kulturschatz zu profitieren. Ich will einen Bruchteil von dem, was ich bekommen habe, zurückgeben.

Sie haben sich viele Jahre zurückgezogen und nun nach langer Zeit wieder an den Ulmer Gesprächen teilgenommen. Hat sich die Branche weiterentwickelt?

Ganz bestimmt. Heutzutage gibt es ganz andere Möglichkeiten. Es gibt einen enormen Wissensschatz. Wir haben damals praktisch bei Null angefangen. Heute gibt es ein stabiles Fundament, wie z. B. René Böttcher, einer der beiden Preisträger, in seinem Vortrag über die elektrochemische Abscheidung von Aluminium aus ionischen Flüssigkeiten sehr gut gezeigt hat. Zu meiner Zeit war der für die Aluminiumabscheidung verwendete Elektrolyt so explosiv und brandgefährlich, dass wir in einem geschlossenen System gearbeitet haben. Da ist man heute weiter. Ich wünschte mir, dass die Bedeutung der Oberflächentechnik allen klar wird. Überall sehen sie Spuren von Oberflächentechnik: in Uhren, in Raketen, in TV-Geräten. Ich kenne keine andere Technologie, die eine so enorme Rolle in unserem täglichen Leben spielt. Ich habe früher auch Vorträge über den Beitrag der Galvanotechnik zur Verschönerung der Natur gehalten. Auch in der Kunst gibt es Galvanotechnik. In Amerika setzen Maler und Künstler die Korrosion ganz bewusst ein.

 »Galvanotechnik ist für die Indus­trie, wie die Luft zum Atmen für uns«

Wie sind sie zur Galvanotechnik gekommen?

Ich habe zunächst Hüttenwesen an der Montanuniversität Leoben in Österreich studiert und bin dann nach Berlin gekommen, um Material- und Werkstoffwissenschaften zu studieren. Promoviert habe ich in Festkörperphysik. Im Rahmen meiner Habilitation an der TU Berlin beschäftigte ich mich mit dem Lochfraß von Aluminium. Erst als mich die Firma Schering abgeworben hatte, wo ich in der Sparte Galvanotechnik für Messtechnik und Qualitätskontrolle von galvanotechnisch abgeschiedenen Schichten zuständig war, kam ich mit der Galvanotechnik in Berührung. Seitdem weiß ich, wie herrlich und wunderbar diese Technologie ist. Dann habe ich all meine erworbenen Kenntnisse für die Galvanotechnik eingesetzt. Ich habe ihre Bedeutung immer mehr erkannt und verstanden, dass es nicht nur eine Schlüsseltechnik ist, sondern dass sie andere Technologien erst möglich macht – die Amerikaner nennen das „Enabling Technology“. Damit ist Galvanotechnik für die Industrie so wichtig wie die Luft, die wir zum Atmen brauchen. Später habe ich mich bemüht, die Bedeutung der Galvanotechnik auch im Iran bekanntzumachen. Die Metallisierung von Lochbohrungen in der Leiterplattentechnik war dort z. B. damals noch völliges Neuland. Im Jahre 2005 habe ich meine Lebensversicherung aufgelöst und 100.000 Euro der Förderung der Oberflächen- und Galvanotechnik im Iran gewidmet, um unter Berücksichtigung der Umweltaspekte junge Leute für die Branche zu gewinnen. Dann folgten Buchprojekte beim Verlag Carl Hanser, bei Elsevier in England und beim Leuze Verlag. Hier erschienen Bücher über die Batterie der Par­ther, das es inzwischen in mehreren Sprachen gibt, sowie über Chemisch Nickel und über Kupferschichten.

Woran haben Sie seither gearbeitet?

Ich habe mich eigenen Buchprojekten gewidmet und über den persischen Arithmetiker, Algebraisten, Geografen und Astronomen Algorismi geschrieben, den Begründer der Dezimal­zahlen. Außerdem über den Dichter Hafis, der Goe­the bei seinem ost-westlichen Werk Diwan inspiriert hat. Gerade bin ich mit einem Buch über den Universalgelehrten Omar Chayyam, den bekanntesten persischen Dichter mit den schönsten Vierzeilern der Literatur fertig geworden.

INFO

Prof. Nasser Kanani publiziert weiter unermütlich Bücher über Technik- und Literaturgeschichte. Zwischen 2000 und 2007 erschienen die folgenden Bücher aus seiner Feder im Leuze Verlag:

 



  • Ausgabe: Juni
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Robert Piterek
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